Dieser Artikel wird etwas länger. Hier findet ihr nun umfassende Informationen über das neuartige Coronavirus (SARS-CoV-2) in Zusammenhang mit Schwangerschaft, Stillzeit und in Bezug auf das Neugeborene.
Ich beziehe mich auf verschiedene Artikel von Fachseiten und werde diese als Links im Text hinterlegen.
Aber starten wir hier- bei den Grundlagen!
Wie steht es allgemein um das Thema Desinfektion und biozide Wirkstoffe im Durchschnittshaushalt.
In allen Online- Shops und den Läden vor Ort sind die Desinfektionsmittel ausverkauft oder nur zu horrenden Preisen bestellbar.
In den Kliniken wird das Zeug geklaut.
Alle Welt denkt, ohne Desinfektion dreht sich selbige nicht weiter.
Und bitte den Mundschutz nicht vergessen!
Stop erstmal!
Als Hebamme rate ich seit jeher schon von Hände- oder Flächendesinfektion im Hausgebrauch ab!
Egal, ob es zum Beispiel den Wickeltisch oder die Hände betrifft.
Wir sprechen von einer Durchschnittsfamilie. Einer, ohne besondere Krankheitssymptomatiken. Familien, die aus diesem Raster herausfallen wissen das und sind im
Normalfall fachkundig instruiert, wie sie sich zu verhalten haben.
In einem privaten Durchschnittshaushalt mit gesunden Menschen ist es nicht notwendig, irgendetwas zu desinfizieren!
Das betrifft auch die Nutzung von Reinigungs- und Waschmitteln mit bioziden Wirkstoffen. Diese sollten schädliche Mikroorganismen durch ihre antimikrobiellen
Wirkstoffe zerstören.
Schon im Jahre 2003 (und später wiederholt) hat das BfR, das Bundesinstitut für Risikobewertung, davon abgeraten, in Privathaushalten
Desinfektionsmittel oder Reinigungsmittel mit bioziden Wirkstoffen aller Art zu verwenden. Begründet wird dies mit der Resistenzbildung dieser Keime gegen die Mittel und mit gesundheitlichen
Risiken (u.a. Ekzeme oder Allergien, Vergiftungsunfälle), die von den Mitteln ausgehen können. Zudem sind diese Mittel in größeren Mengen umweltschädlich und verunreinigen unser Trinkwasser.
Außerdem ist ein gesundheitlicher Nutzen für den Anwender nicht zweifelsfrei belegt.
Ausreichende Hygiene im Haushalt wird zum Beispiel erreicht durch regelmäßige Reinigung (mit normalen Putzmitteln), häufig gereinigten Putzlappen und Händewaschen.
Hier geht es nochmal zu Fragen und Antworten des BFR in Bezug auf Desinfektionsmittel in Privathaushalten.
Kommen wir aber zum Corona bzw. dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2).
Was bedeutet Corona für mich als Schwangere oder im Wochenbett. Und was tun mit meinem Neugeborenen derzeit?
Welche besonderen Hygienemaßnahmen sind jetzt möglicherweise sinnvoll.
Brauche ich Desinfektionsmittel und Mundschutz?
Grundlegend ist das Virus übertragbar durch Tröpfcheninfektion beim Husten, Niesen oder den Kontakt mit Ausscheidungen wie Stuhl oder Urin.
Ich fange mal allgemein damit an, dass gesunde Kinder und gesunde Schwangere grundsätzlich NICHT zu einer besonderen Risikogruppe gehören.
Das heißt, sie könnten natürlich krank werden, aber besonders gefährdet für schwere Verläufe sind sie nicht. Das gilt auch für Babys.
Bisher wurden auch keine Fälle beschrieben, in denen das Baby im Mutterleib infiziert wurde.
Aßerdem sieht es derzeit danach aus, dass die Erreger über die Muttermilch NICHT ans Kind weitergegeben werden. Stillen wird also unbedingt empfohlen, dazu komme ich aber noch.
Noch ist unklar, ob Covid-19 unter der Geburt auf das Kind übertragen werden kann. Es gibt also derzeit keine allgemeinen Empfehlungen, was die Geburtsplanung angeht oder ob ein Kaiserschnitt bei einer Covid-19- infizierten Schwangeren besser wäre oder das Übertragungsrisiko auf das Kind zum Positiven verändern, also minimieren, würde. Diese Fragen sind im Einzelfall mit der Geburtsklinik abzusprechen. Bitte beratet euch dazu auch vorab mit eurer betreuenden Hebamme!
Kommen wir zum Stillen.
Die Übertragung von Covid-19 über die Muttermilch wurde bisher nicht beschrieben und gilt derzeit als unwahrscheinlich. Stillen, bzw. die Ernährung des Säuglings
mit Muttermilch wird absolut empfohlen, da durch die Muttermilch Antikörper weitergegeben werden!
Weiterhin gibt es aber unterschiedliche Auslegungen und Hinweise, zum Verhalten bei Verdacht auf Covid-19 oder der vorliegenden Infektion bei einer stillenden Mutter.
Grundsätzlich wird von Unicef oder der Nationalen Stillkommission empfohlen, dass das Stillen bei einer fraglichen oder nachgewiesenen Infektion der Mutter weitergeführt wird. Dies wird auch im Newsletter des Europäischen Instituts für Laktation und Stillen empfohlen.
Selbstverständlich unter Beachtung der Hygieneregeln. Also gründliches Händewaschen mit Seife vor und nach dem Kontakt mit dem Baby. Außerdem sollte die Mutter einen Mundschutz (laut der Nationalen Stillkommission) oder eine Atemschutzmaske (laut Unicef) tragen. Sowohl beim Umgang mit dem Kind, als auch zum Stillen, um die Gefahr der Tröpfcheninfektion auf das Kind zu vermeiden.
Solange es der Mutter gut genug geht ist das Stillen ausdrücklich geboten! Es soll nur gepumpt und die abgepumpte Milch gefüttert werden, wenn es der Mutter zu schlecht ginge zum stillen. Die gepumpte Milch kann sofort, ohne weitere Behandlung, dem Kind gefüttert werden.
In beiden Stellungnahmen wird eine Trennung von Mutter und Kind nicht empfohlen!
Nachtrag: Die folgende Empfehlung des VSLÖ wurde nach dem 13.03.2020 geändert, wonach eine Trennung von Mutter und Kind nach der Geburt nicht mehr zwingend
empfohlen wird! Der Link wurde dahingehend geändert, siehe auch mein folgender Blogbeitrag.
Etwas anders sieht diese Empfehlung laut VSLÖ (Verband der Still- und LaktationsberaterInnen Österreichs) aus. Diese empfiehlt, in Zusammenarbeit mit dem ÖGKJ
(der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde) derzeit, dass eine Frau, die gerade geboren hat und positiv auf das Virus getestet wurde, vom Kind separiert wird. Danach
sollte das Kind schnellstmöglich getestet werden.
Ist das Kind selbst auch erkrankt, dann wird bei stabilem Zustand der Mutter empfohlen, dass sie das Kind wieder zu sich nimmt, es versorgt und stillt.
Ein gesundes Kind soll nach dieser Empfehlung aber eine gewisse Zeit von der Mutter getrennt werden. Wobei eine genaue Zeitangabe zur genauen Trennungsdauer derzeit nicht angegeben wird.
In beiden Fällen wird ausdrücklich zu Muttermilchernährung geraten, im zweiten Fall zu gepumpter Milch.
Grundsätzlich wird natürlich bei infizierten Müttern oder Kindern, oder anderen infizierten Personen im Haushalt, auch das Reinigen und Desinfizieren von Oberflächen empfohlen! Auch bei allen Verdachtsfällen!
Ein Hinweis noch- es gibt derzeit keine Studie dazu. Es sind noch nicht ausreichend Fallzahlen beschrieben und man bezieht sich auf die derzeitigen Beobachtungen bei infizierten Müttern mit ihren Kindern. Dazu kommt, dass das Virus noch nicht ausreichend erforscht ist.
Selbstverständlich werde ich weiter recherchieren und aktuelle Empfehlungen oder Hinweise auf meinem Blog veröffentlichen.
Solange aber der Verdacht NICHT besteht, dass man selbst oder eine Person im eigenen Haushalt das Virus in sich trägt und erkrankt ist, dann gelten derzeit die grundsätzlichen Empfehlungen des RKI (Robert Koch Institut), solange bis sich Änderungen ergeben und bekannt werden- selbstverständlich auch für Schwangere oder Wöchnerinnen.
Hier geht es um das Einhalten eines etwaigen „Mindestabstandes von ca. 1 bis 2 Metern zu krankheitsverdächtigen Personen“, ebenso eine „gute Händehygiene“ und die „korrekte Husten- und Niesetikette“, beides nachzulesen auch über die BZGA.
Das bedeutet im ersten Fall immer mindestens 20 Sekunden lang Händewaschen mit ausreichend Seife. Wir alle kennen die Empfehlungen vor dem Essen, nach der Toilette, bei der Essenszubereitung, wenn ich Kontakt zu Kranken hatte, ich meinen Haushalt betrete und Nase geputzt habe. (Aufzählung ist nicht vollständig, kann nach eigenem Wissen erweitert werden- oder nachgelesen. ;) )
Korrekt Husten oder Niesen geht so: Abstand zu anderen Personen einhalten von etwa mindestens einem Meter, das Benutzen von Einmaltaschentüchern, die auch nach einem Mal benutzen weggeworfen werden. Danach Hände waschen, siehe oben.
Ohne Taschentuch bitte in die Armbeuge niesen- dabei den Kopf zur Seite und weg von anderen Menschen drehen!
Das seitliche in die Armbeuge niesen ist außerdem deutlich schonender für euren Beckenboden, also doppelt wichtig für Schwangere oder Frauen im Wochenbett! Das rate ich grundsätzlich allen meinen Betreuten.
Es wird übrigens nicht grundsätzlich empfohlen, einen Mundschutz zu tragen, solange man nicht infiziert ist. Es gibt keine ausreichende Evidenz dafür, dass dieser das Risiko einer Ansteckung minimieren würde.
Anders verhält es sich mit Personen, die akut schon an respiratorischen Erkrankungen leiden- diese können einen Mundschutz tragen, um das Risiko der Ansteckung von
sich auf andere Personen zu minimieren- natürlich nur in Kombination mit den anderen Hinweisen zur Hygiene.
Hier ist nochmals darauf hinzuweisen, dass es verschiedene Arten davon gibt und nicht jeder eine Barriere für Viren bieten kann.
Ich hoffe ich konnte mit dieser „ausführlichen Zusammenfassung“, auch wenn dies eigentlich ein Widerspruch in sich ist, ein wenig zu eurer Aufklärung beitragen.
Im folgenden Artikel schreibe ich über das Coronavirus im Zusammenhang mit der Geburt eures Babys. Schaut doch mal vorbei!
Schreibt mir gern eure Fragen oder Anregungen in die Kommentare.
Außerdem würde ich mich freuen, wenn ihr diesen Beitrag fleißig über die sozialen Netzwerke teilt, damit andere Schwangere oder Wöchnerinnen diese Infos auch bekommen, ohne sich alles mühsam zusammen suchen zu müssen.
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Vanhan (Samstag, 14 März 2020 21:40)
Vielen vielen Dank für deine Infos. Super hilfreich da man derzeit nicht viel Infos findet.
Mich würden noch Infos zur Geburt interessieren. Danke!
Lipaing (Samstag, 14 März 2020 17:08)
Super Beitrag, danke!
Wie sieht es denn bei Schwangeren mit chronischer Lungenkrankheit aus? Ich bin sehr unsicher und arbeite zudem in einer Spedition wo ich Kontakt mit vielen Menschen habe.
Viele Grüße
Larissa (Samstag, 14 März 2020 08:50)
Danke!!!! Endlich konnte man mal was dazu lesen. Den ganzen Tag hört man nur corona aber nichts dazu wenn man schwanger ist � danke danke �